Die Eisenzeit und die Kelten in Hessen
Die eisenzeitliche Grablege aus Ober-Wöllstadt mit zahlreichen Gefäßen und einem Schwert wird in der Sonderausstellung in der Keltenwelt am Glauberg zu sehen sein.
Archäologie Land HESSEN
Archäologie Land HESSEN
Hessen verfügt über ein reiches Kulturerbe, das seit Jahrtausenden geprägt ist von unterschiedlichsten Kulturen und Epochen. Allerorts trifft man auf ihre Spuren, vielfach noch im Boden verborgen , jedoch bei Ausgrabungen zutage kommen oder als gut sichtbare Relikte in Stadt und Land auszumachen sind. Tausende archäologische Geländedenkmäler und Fundobjekte, die der Eisenzeit und insbesondere der keltischen Kultur zugeordnet werden können, sind in Hessen dokumentiert. Sie sind eine wahre Fundgrube für die Wissenschaft.
Blick auf die keltische Höhensiedlung und heutige Stadt Amöneburg bei Marburg
Reiches Erbe der Eisenzeit in Hessen
Viele tausend Fundstätten der Zeit von 800 v. Chr. bis in das 1. Jahrhundert v. Chr. sind von Kassel bis Michelstadt, von der Lahn bis zum Fuldaer Land bekannt. Dazu zählen herausragende Plätze wie die Milseburg in der Rhön, der Altkönig im Taunus, die Altenburg bei Niedenstein, der Christenberg im Marburger Land und der Dünsberg bei Wetzlar sowie die Grabhügel im Frankfurter Stadtwald, das Lahn-Dill-Gebiet mit seinem Eisenvorkommen und nicht zuletzt der Glauberg mit seinen reichen Fürstengräbern.
Die Palette an Exponaten für das Themenjahr reicht dabei von kostbaren Objekte aus Gold und Bronze über Alltagsgegenstände wie Keramikgefäße, Werkzeuge und Textilien bis zu Waffen und Schmuck, Handelsgut, Münzen und Beigaben aus Gräbern. So wird das keltische Leben in all seinen Facetten begreifbar.
Die „Keltoí“ – ein Sammelbegriff
Ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. werden erstmals Namen für einzelne Volksstämme Mitteleuropas durch griechische und später durch römische Schriftgelehrte überliefert. In Kombination mit den archäologischen Quellen ist es so denkbar, bestimmte Funde der Eisenzeit mit den Kelten in Verbindung zu bringen. Das Gebiet nördlich der Alpen – und damit auch Hessen – erlebte mit der Eisenzeit einen Übergang von der Vorgeschichte zur überlieferten Geschichte, in der es neben archäologischen Überresten nun auch Schriftquellen gab. Letzteres jedoch nur aus griechischer und römischer Hand – von den Kelten sind keine Texte bekannt.
Der Name keltoí (altgriechisch) oder celtae (lateinisch) wird auf die Stämme direkt nördlich der Alpen übertragen. Die frühen Angaben bei den Griechen sind jedoch selten, spätere Beschreibungen, wie zum Beispiel bei dem römischen Feldherrn Caius Iulius Caesar, sind stark von eigenen Intentionen geprägt, so dass ein weiter Interpretationsspielraum für die Definition der Kelten gegeben ist. Eine Verbindung von schriftlichen und materiellen Quellen birgt zudem interdisziplinäre Fallstricke für die Diskussion, was unter „Kelten“ zu verstehen ist, welche archäologischen Kulturgruppen dazu gehören, welche nicht, und was als typisch keltisch bezeichnet werden kann. Seit längeren wurde der Konsens gefunden, die archäologische Latène-Kultur (450-15 v. Chr.), benannt nach einem Fundplatz in der Schweiz, mit den Kelten der antiken Schriften gleichzusetzten. Trotz regionaler Ausprägungen im Fundmaterial der Latène-Kulturen werden vor allem die Kunststile als einendes Element verstanden. Schwieriger ist die Frage zu beantworten, seit wann es Kelten gibt. Die ersten Schriftquellen fallen noch in die Zeit der vorhergehenden eisenzeitlichen Hallstatt-Kulturen (800–450 v. Chr.), benannt nach einem Fundort in Österreich. Besonders die Menschen der späten Hallstattkulturen können als „frühe Kelten“ bezeichnet werden. Die in Mitteleuropa vollzogene Herausbildung keltischer Gruppen erstreckte sich jedoch über mehrere Jahrhunderte. Ab wann diese Menschen sich selbst als „Kelten“ begriffen, muss unbekannt bleiben.
Die Kelten – archäologisch gesehen
Schwierig zu sagen: Wie könnte eine keltische Siedlung ausgesehen haben?
Zu greifen sind die Kelten in erster Linie über archäologische Funde und Befunde. Besonders über Neuerungen in Kunststil, Technologie, Urbanisierung und monumentale Landschaftsgestaltung, Handelsstrukturen, Kleidungsmoden und Bestattungssitten und damit die stetigen Veränderungen der Gesellschaftsstrukturen.
Am auffälligsten ist die Geschichte des neuen Werkstoffes Eisen, der in der Hallstattzeit (800-450 v. Chr.) zuerst nur für wenige von den Eliten benutzten Gegenständen, vor allem für Schwerter, Pferdetrensen und Schlachtmesser verwendet wurden. In der Latènezeit (450-15 v. Chr.) wurden anschließend für Landwirtschaft und Handwerk neue, bis heute verwendete Geräte entwickelt , wie Pflugschar, Sense, Bügelschere oder Löffelbohrer. Durch den lokalen Abbau von Erz sowie der Verhüttung und Verarbeitung in Schmieden – fast schon in industriellem Ausmaß – im Hintertaunus und im Lahn-Dill-Gebiet stieg die Produktion von Eisenobjekten im Laufe dieser Jahrhunderte enorm an.
Dies bedingte Umweltveränderungen, die durch die Ausweitung der landwirtschaftlichen Flächen und der Bevölkerungszunahme in der Latène-Zeit noch verstärkt wurde. Auch entstanden große Machtzentren, wie am Glauberg oder der Milseburg, dem Dünsberg und dem Heidetränk-Oppidum, wo sich heute die archäologischen Spuren der Kelten in reicher Fülle finden.